Inferox II
Inzipiente Ferroelektrika auf der Basis von Hafniumoxid
Forschungsgebiet:
- Laufzeit:
- 01.09.2016 - 31.08.2018
- Projektstatus:
- abgeschlossen
- Einrichtungen:
- Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften und Mechatronik
- Projektleitung:
- Prof. Dr. Alfred Kersch
- Förderprogramm:
- DFG Sachbeihilfen
- Drittmittelart:
- DFG
- Projektart:
- Forschung
Vor genau 10 Jahren wurde ferroelektrisches Hafniumoxid in den Dresdener Laboren der ehemaligen Firma Qimonda entdeckt. Ferroelektrika bilden permanente elektrische Dipole aus, ähnlich wie Magneten magnetische Dipole ausbilden. Damit lassen sich binäre Informationen speichern. Wegen der Kristallstruktur sind Ferroelektrika immer piezo- und pyroelektrisch und können damit als Wandler in der Sensorik und Aktorik dienen. Inzipient heißen die Materialien schließlich, wenn sie nur bei Zugabe von speziellen Dotierstoffen ferroelektrisch werden. Die bisherigen ferroelektrischen Materialien sind meistens bleihaltig, Hafniumoxid ist dagegen gesundheitlich unbedenklich.
Mit dem auf ferroelektrischen Hafniumoxid basierten FE-FET lassen sich Informationen ähnlich wie in einem Flash Memory (Speicherkarte) abspeichern, jedoch mit einer schnelleren Zugriffszeit wie in einem (flüchtigen) DRAM und mit deutlich geringerem Energieaufwand. Ausserdem lassen sich die Speicherzellen extrem klein herstellen, was auf den besonderen Eigenschaften dieser neuen Ferroelektrika beruht. Die Technologie steht bereits in 28nm Technologie der Firma GlobalFoundries, die in Dresden und weltweit große Werke betreibt, zur Verfügung und damit kurz vor der Einführung in den Massenmarkt. Damit nimmt sie am Wettbewerb um die Speichertechnologien der nächsten Jahre teil, zusammen mit dem resistiven RAM. Weitere Anwendungen im Bereich Energie, Sensorik und Aktorik sind in Aussicht.
Viele große Halbleiterhersteller wie Samsung, Micron oder Global Foundries arbeiten inzwischen an dieser Technologie. Der sechs nm kleine HfO2 Kondensator in einem ferroelektrischen Feldeffekttransistor (FeFET) könnte den Weg zu kleineren nichtflüchtigen Speichern eröffnen, da die Flash Technologie mit 20 nm an ihre Grenzen gestoßen ist. Die mit mehreren 100 nm sehr dicken ferroelektrischen Schichten sind dagegen für Sensoren und Aktoren interessant. Als piezo- oder pyroelektrische Keramik haben die Materialien den zusätzlichen Vorteil, bleifrei zu sein. Mit Silizium dotiertes HfO2 hat pyroelektrische Eigenschaften mit Weltrekord-Werten.
Wie klein diese Speicherelemente werden können und welche Eigenschaften das Material dazu haben muss, ist die Aufgabe des DFG-geförderten Forschungsprojektes, welches in den Jahren 2014-2016 begann und nach erfolgreichem Verlängerungsantrag bis 2018 weitergeht. Kooperationspartner sind das Nanoelectronic Materials Laboratory gGmbH (NaMLab), ein An-Institut der TU Dresden, und das Institut für Elektrotechnik II der RWTH Aachen. Die ferroelektrischen Proben werden in Dresden und Aachen hergestellt und charakterisiert, während an der Hochschule München Computer-Simulationen mit Dichtefunktionalmodellen durchgeführt werden, um die experimentellen Daten zu interpretieren. Die Ergebnisse werden regelmäßig in Telefon-Projektmeetings ausgetauscht. Die Projektarbeit in München wird hauptsächlich von den Doktoranden Robin Materlik und Christopher Künneth (im Bild v. l.n.r.) und Max Falkowski durchgeführt. Dabei werden atomistische Modelle der Materialien mit unterschiedlichen Dotierstoffen aufgestellt und die Simulationen auf dem SuperMuc des LRZ in Garching, einem der größten Computer in Deutschland, bearbeitet. Die Ergebnisse werden anschließend bewertet. Eine andere Aufgabe in München ist die Charakterisierung der Proben mit Infrarot- und Ramanspektroskopie.
In der ersten Projektphase wurde herausgefunden, dass die ferroelektrischen Eigenschaften in der Regel nur bei Nanokristallen in einer Größe von etwa zehn nm auftreten können. Das liegt daran, dass die Oberflächenenergie die ferroelektrische Kristallphase stabilisiert. Mit diesem Wissen kann „grain size engineering“ betrieben werden, d.h. es können aus Körnern mit kritischen Oberflächen zu Volumen Verhältnis viel dünnere und viel dickere ferroelektrische Schichten herstellen als bisher. Mit Hilfe der Vorhersagen wurden inzwischen sechs nm dünne ferroelektrische Hafniumoxid (HfO2)- sowie 300 nm dicke ferroelektrisches Zirkonoxid (ZrO2) Kondensatoren hergestellt.